Als Oberärztin Lara Ißl die Röntgenaufnahmen von Rüde Moritz auf dem Monitor begutachtete, staunte sie nicht schlecht: In dem Hundemagen knäulte sich tatsächlich eine Lichterkette. Der Kabelwirrwarr und die kleinen LED-Lämpchen waren deutlich zu erkennen. „Dass manche Hunde vor lauter Gier Alltagsgegenstände herunterschlingen, erleben wir in der Tierklinik ja fast jeden Tag. Steine, Bälle, Socken, Tier- und Kinderspielzeug und zu Weihnachten auch mal eine Nikolausmütze – all diese Fremdkörper mussten wir schon aus Magen oder Darm entfernen. Aber dass sich ein Haustier eine ganze Lichterkette reinziehen kann, hat mich schon verblüfft“, sagt die Internistin. Anscheinend hatte Moritz in einem unbeobachteten Moment die Weihnachtsdeko von der Fensterbank gezerrt und abgeschluckt. Sein Frauchen war erst stutzig geworden, als ihr Liebling zwei mehrere Zentimeter lange Kabelstückchen erbrochen hatte. Sie tat daraufhin das einzig Richtige und fuhr in die Notaufnahme der Tierklinik Ismaning. Gerade auch bei fadenförmigen Fremdkörpern ist höchste Eile geboten.
Denn während verschluckte Steinchen mit etwas Glück nach ein paar Tagen wieder ausgeschieden werden, können andere Fremdkörper für Allesfresser lebensbedrohlich sein. Harte scharfkantige Teile wie Knochensplitter, Nägel oder Kronkorken können Magen oder Darm verletzen, Batterien können die Schleimhäute verätzen. So lange die Objekte klein genug sind und noch im Magen liegen, versuchen unsere Internisten, diese auf schonende Weise endoskopisch mit einer Greifzange zu entfernen, bevor sie in den Darm rutschen.
Extrem heikel hingegen sind große oder schnurartige Fremdkörper wie die Lichterkette in Moritz‘ Magen. Sie können, wenn sie in den Darm weiterwandern, an einer Engstelle hängenbleiben und einen Ileus (Darmverschluss) oder eine Invagination (ziehharmonikaförmige Auffädelung des Darm) verursachen. In solchen Fällen kann nur eine OP mit Öffnung des Bauchraumes das Tier retten.
Auch Moritz kam um eine Not-OP nicht herum. Eine endoskopische Bergung der Lichterkette war nicht möglich. „Zu viele Drahtteile ragten aus dem angekauten Kabel heraus. Die Gefahr, dass wir beim Herausziehen Magen, Speiseröhre oder Maul verletzen würden, war zu groß“, erklärt Tierärztin Lara Ißl. Die OP verlief gut, und zwei Tage später konnte der Schäferhund wieder in die Arme seiner Halter entlassen werden. Verbunden mit dem Rat, alles, was Moritz‘ Neugier erregen könnte, hundesicher außer Fressweite des Tieres aufzubewahren. So können dann auch Lichterketten ihren eigentlichen Zweck erfüllen.