Beim Kraulen hatte Sissis Frauchen die Beule am Hals ihrer Hündin entdeckt und war alarmiert. In der klinischen Untersuchung konnten wir ihre Ängste leider nicht zerstreuen. Tastbefund und anschließende Sonographie zeigten, dass die acht Jahre alte Colliehündin unter einem rechtsseitigen hormonaktiven Schilddrüsentumor litt. Er war bereits so groß, dass er auf Luft- und Speiseröhre drückte. Die Hündin musste deshalb immer wieder husten und würgen. Zusätzlich machte dem Tier die tumorbedingte Überfunktion der Schilddrüse zu schaffen, die seinen Stoffwechsel aufputschte. „Eine Komplikation, die äußerst selten vorkommt“, erklärt Tierärztin Dr. Lena von Spiessen. Nur acht Prozent der Hunde mit Schilddrüsentumor leiden darunter.
Sissi war nicht nur sehr unruhig und hechelte stark, sondern hatte auch Gewicht verloren, was ihr Frauchen auf die Umstellung auf Seniorenfutter geschoben hatte. Nachdem wir durch eine Computertomographie Lungen- und Lymphknotenmetastasen sowie ektoskopisches (außerhalb des Tumors wucherndes) Gewebe ausschließen konnten, kam Sissi unters Skalpell. Bei dem Eingriff entfernte Chirurgin von Spiessen vorsichtig den vier- bis fünffach vergrößerten Schilddrüsenlappen. „Die OP ist anspruchvoll, weil das Organ an der Halsschlagader und wichtigen Nerven anliegt. Doch bei einseitigen Schilddrüsen-Tumoren ist eine Entfernung des veränderten Gewebes die erfolgversprechendste Therapie“, sagt sie. Die OP verlief reibungslos. Bereits tags darauf fraß Sissi wieder, die Laborwerte hatten sich normalisiert, und die Wunde heilte gut. Wegen dieser positiven postoperativen Befunde und weil Sissi so unter der Trennung von ihrem Frauchen litt, entschieden wir, sie nach nur einer Nacht auf Station nach Hause zu entlassen. Für die engmaschige Kontrolle des Genesungsprozesses musste sie allerdings mehrere Tage hintereinander bei uns vorstellig werden.