Als Chiccos Halterin vor einem Jahr mit ihrem Kater in der Tierklinik Ismaning vorstellig wurde, waren Tierarztbesuche eigentlich unmöglich geworden. Denn der Europäisch Kurzhaar ließ sich nicht mehr anfassen. Er ertrug nicht einmal mehr Regentropfen auf seinem Fell. In den Videos, die die Katzenbesitzerin mitgebracht hatte, zeigte sie unserer Tierärzin Lara Ißl zudem, wie krampfartige Wellen vom Nacken bis zum Schwanz über Chiccos Körper liefen. Im Lendenbereich hatte sich der Kater daher bereits die Haare ausgerupft. Bei diesen täglichen Anfällen würde er auch ab und zu wie von der Tarantel gestochen kreuz und quer durchs Haus rennen, erzählte die verzweifelte Katzenbesitzerin. Kein Tierarzt hatte Chicco bisher helfen können. Daher hatte sie selbst lange im Internet recherchiert und war auf eine seltene wenig erforschte Krankheit gestoßen: Rolling Skin oder auch felines Hyperästhesie-Syndrom. „Damit ist eine übersteigerte Überempfindlichkeitsreaktion von Katzen gemeint, deren Ursache unbekannt ist. Allerdings scheint Stress eine Rolle zu spielen“, erklärt Internistin Lara Ißl, die Chicco schließlich unter Narkose untersuchen konnte. Nachdem sie die meisten anderen Auslöser für die Symptome ausgeschlossen hatte, konnte sie den Verdacht auf diese Sonderform der Epilepsie bestätigen. Heilen lässt sich Rolling Skin leider nicht. „Aber mit einer medikamentösen Dauertherapie können wir die Lebensqualität der Tiere deutlich verbessern“, sagt Lara Ißl. Chicco hat sie eine Kombination zwei verschiedener Antiepileptika verschrieben. Wobei die Kunst darin lag, die richtigen Wirkstoffe mit der richtigen Dosis zu finden. Für Chicco und sein Frauchen hieß das: Geduld zu haben. „Denn so eine medikamentöse Einstellung kann schon mehrere Wochen dauern“, erklärt die Internistin, die seitdem eng mit Chiccos Halterin zusammenarbeitet. Diese muss nicht nur konsequent die Tabletten verabreichen, sondern sollte auch zu Hause Stress für das Tier vermeiden. Bei Chicco gelingt diese durch einen geregelten Tagesablauf, und dass in allen Räumen Pheromon-Stecker für Entspannung sorgen.
Heute geht es dem 13 Jahre alten Kater meistens gut, Zuckungen und Anfälle hat er nur noch sehr selten. Berühren darf ihn außer seiner Familie und Tierärztin Lara Ißl allerdings nach wie vor niemand.