Als Cocker Spaniel Aro mit Ohrproblemen zu uns überwiesen wurde, hingen seine Lefze und sein Ohr auf der rechten Seite leicht herunter, wodurch es wirkte, als hielte er sein Köpfchen leicht schief. Außerdem war der besorgten Besitzerin aufgefallen, dass ihr Liebling seit einiger Zeit beim Trinken nach rechts sabberte und sich in seiner rechten Backentasche immer wieder Futterreste sammelten. Oberärztin Lara Ißl vermutete sofort eine Lähmung des Gesichtsnervs (Nervus facialis parese), der eng mit dem Mittelohr assoziiert ist. Die neurologische Untersuchung bestätigte den Verdacht der Internistin: Auf der rechten Kopfseite reagierte die Muskulatur des zehn Jahre alten Hundes im Bereich der Backe, der Lefze und der Nasenöffnung nicht auf die Nervenreize. „Daher konnte er auch die Futterreste nicht mehr normal aus der rechten Backe heraus bewegen“, sagt sie.
Doch was die Lähmung hervorrief, war nach wie vor unklar. Ursachen waren viele denkbar. Daher war die Tierärztin froh, dass sich die Besitzer für eine weiterführende Diagnostik entschieden. Im CT nämlich konnte die Ursache für den Ausfall des Gesichtsnervs entdeckt werden: eine gewebliche Masse in der so genannten Bulla, einem knöchernen Hohlraum im Mittelohr. „Das Gewebe ist vom Außenohr bis in das Mittelohr gewachsen und hat die Wucherung in der Bulla hervorgerufen“, meint Lara Ißl. „Denn bei Aro ist durch frühere Ohrentzündungen inzwischen das Trommelfell zerstört, so dass sich das Gewebe bis in die knöcherne Höhle ausbreiten konnte.“
Zum Glück für den Cocker Spaniel konnte unsere Oberärztin das eingewachsene Gewebe bei einer endoskopischen Ohrspülung restlos entfernen. Zur Erleichterung der Halter handelte es sich „nur“ um ein gutartiges Cholesteatom, das mit einer chronischen Mittelohrentzündung (einer Knocheneiterung) einhergeht. Bleibende Schäden hat Aro auch nicht davongetragen. Bereits zwei Tage nach dem Eingriff war die Lähmung zurückgegangen, und nach einer Woche waren keinerlei Sensibilitätsstörungen mehr nachvollziehbar.