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Eine gestörte Nierenfunktion gehört zu den häufigsten gesundheitlichen Problemen, mit denen Katzenhalter konfrontiert sind. Häufig sind ältere Katzen betroffen, aber auch junge Tiere können an einer akuten oder chronischen Nierenschwäche leiden.

Langhaarkatzen wie Maine Coon erkranken häufiger als andere. Foto: Kristina Blokhin / stock.adobe.com

Funktion der Nieren

Die Organe dienen dazu, wichtige Nährstoffe aus dem Blut zu filtern, unter anderem Traubenzucker, Mineralstoffe und Peptide. Zudem reinigen die Nieren das Blut, regulieren den Säurehaushalt und gleichen den Wasserhaushalt aus. Dies erfolgt in tausenden kleinen Filtereinheiten, den Nephronen. In Zahlen heißt das: Die Nieren eines fünf Kilo schweren Tieres filtern am Tag 50 Liter Blut, um etwa 250 ml Harn zu produzieren. Die restlichen 99,5 Prozent des gefilterten Blutes müssen von den Nieren zurückgewonnen werden. Die Abfallstoffe werden über den elastischen Harnleiter und die Blase entsorgt, das gereinigte Blut fließt über die Nierenvene der großen Körperhohlvene zu.

Zudem produzieren die Nieren Hormone und hormonähnliche Enzyme wie Renin und Erythropoetin. Damit stehen die Organe in Wechselwirkung mit dem übrigen Hormonsystem des Organismus. So führt eine chronische Nierenerkrankung fast immer zu einer Überfunktion der Nebenschilddrüse und damit zu Störungen des Calcium- und Phosphathaushaltes. Diese Mineralien werden bei einer Dysfunktion der Nieren aus den Knochen freigesetzt, was wiederum eine Verkalkung der Nieren sowie anderer Organe bedingt.

Zu den Folgeerscheinungen geschwächter Nieren gehört außerdem ein erhöhter Blutdruck, der den ganzen Körper schädigt. In vielen Fällen verlieren die Patienten dadurch das Sehvermögen auf einem oder beiden Augen. In der gewohnten Umgebung können sich die Tiere dann zwar immer noch erstaunlich gut orientieren, jedoch engt sich ihr Bewegungsraum ein. Bei einem Umzug fällt den Besitzern unter Umständen auf, dass ihr Tier „auf einmal“ ständig an Ecken und Kanten anstößt.

Störende Einflüsse

Folgende Faktoren kommen als Ursachen für eine gestörte Aktivität der Nieren in Frage:

  • Vergiftungen, beispielsweise durch Lilien
  • Medikamente
  • Infektionen
  • Autoimmunerkrankungen
  • mangelnde Durchblutung
  • Bluthochdruck
  • Tumoren
  • erblich bedingte Zysten
  • eine unausgewogene Ernährung, unter anderem zu viel Phosphor, das in handelsüblichem Katzenfutter in hohen Mengen enthalten ist.

Unter Umständen kann aber auch keine klare Ursache für ein fortschreitendes Nierenversagen erkannt werden. Das Nierengewebe mit den Nephronen entzündet sich scheinbar spontan und geht unter. Dem Besitzer und dem behandelnden Tierarzt bleibt nur die Behandlung der Folgeerscheinungen – das heißt, die verbleibende Nierenfunktion soweit wie möglich zu erhalten und der verminderten Organleistung mit einer konsequenten Diät Rechnung zu tragen.

Eine rechtzeitige Diagnose wird häufig durch den Umstand erschwert, dass die Nieren außerordentlich flexibel sind und über erhebliche Reservekapazitäten verfügen. Verliert ein Tier eine Niere, kann die andere Niere den Ausfall normalerweise vollständig kompensieren! Wenn die Nieren nach und nach ihre Funktion einbüßen, dauert es deswegen lange, bis dem Tierhalter die Symptome auffallen. Meist sind dann schon zwei Drittel bis drei Viertel der Organe zerstört.

Umso aufmerksamer sollten Besitzer auf Veränderungen im Verhalten und Wohlbefinden ihrer Katze achten. Dies gilt besonders bei Langhaarkatzen wie Maine Coon und Perser. Siamesen, Abessinier, Siam, Russisch Blau und Burmesen erkranken ebenfalls häufiger als andere Katzen. Generell sind ältere Tiere häufiger betroffen als junge Katzen. Wir empfehlen deswegen eine vorbeugende Kontrolle der Blut- und Harnwerte ab dem siebten Lebensjahr.

Symptome

Bei einer gestörten Nierenfunktion leidet der gesamte Organismus an einer Mangel- beziehungsweise Fehlversorgung mit Mineralien, Kohlenhydraten und Proteinen. Kennzeichnend ist außerdem die Austrocknung – die Nieren schaffen es nicht mehr, in ausreichendem Maße Wasser aus dem abzuleitenden Flüssigkeitsgemisch, das die Nephrone durchströmt, zu extrahieren.

Verschiedene Anzeichen können auf eine Minderfunktion der Nieren oder im Endstadium einer chronischen Erkrankung sogar auf akutes Nierenversagen hindeuten. Generell sind Veränderungen des Trinkverhaltens – also gesteigerter oder gar kein Durst – bzw. gesteigerter oder reduzierter bis komplett fehlender Harnabsatz als Warnsignale zu deuten.

Weitere Hinweise:

  • deutliche Mattigkeit und Appetitlosigkeit
  • Mundgeruch
  • Erbrechen
  • deutliche Veränderung im Erscheinungsbild (struppiges Fell)
  • die Katze verliert ihr Sehvermögen

Diagnose

Häufig wird eine Veränderung der Nieren bereits nach der Tastuntersuchung vermutet. Dabei fallen Veränderungen in der Größe der Organe, der Beschaffenheit ihrer Oberfläche und eventuell eine Schmerzempfindlichkeit auf.

Im Ultraschallbild sehen wir Veränderungen der Nierenstruktur und -größe, beispielsweise Tumoren, Zysten, untergegangene Zellstrukturen, eine Erweiterung des Harnleiters und Harnstauungen.

Endgültigen Aufschluss über eine chronische Nierenerkrankung gibt die Untersuchung des Blutplasmas und des Harns im Labor. Hier kann eine Minderfunktion anhand einer Reihe von Parametern zweifelsfrei nachgewiesen werden.

Anhand der Konzentration von Kreatinin unterscheiden wir vier Stadien der Krankheit. Der Protein-Kreatinin-Quotient im Harn, das spezifische Gewicht des Urins und der Blutdruck sind Indikatoren für eine weitere, differenziertere Unterteilung. Ein seit Anfang 2016 erhältlicher Parameter – SDMA – erlaubt dem Tierarzt bereits bei 40 Prozent Verlust der Nierenleistung bzw. 17 Monate eher als Kreatinin einen Verdacht auf chronisches Nierenversagen auszusprechen.

Therapie

Einige gesundheitliche Einschränkungen, die die Niereninsuffizienz begleiten, können medikamentös behandelt werden, so der Bluthochdruck, Verdauungsstörungen und das schlechte Allgemeinbefinden aufgrund des gestörten Elektrolythaushaltes. Sollte ein Patient stark ausgetrocknet sein, raten wir zu sofortigen Infusionen. Diese können im Spätstadium der Erkrankung auch von den Besitzern selbst zu Hause verabreicht werden. Bei anhaltender Fressunlust kann eine vorübergehend künstliche Ernährung notwendig werden, um eine weitere Schwächung des Organismus zu vermeiden.

Diät

Ein konsequenter, individuell abgestimmter und penibel einzuhaltender Speiseplan ist der wichtigste Baustein einer Therapie. Bei der Diät muss die Zufuhr an Phosphor einerseits reduziert, andererseits der Proteinbedarf der Katze berücksichtigt werden. Anders als Pflanzenfresser bilden Katzen die für den Energiehaushalt wichtigen Kohlenhydrate aus Aminosäuren. Schafft dies der Körper aufgrund des gestörten Stoffwechsels oder einer Ernährung, bei der einfach nur auf Proteine verzichtet wird, nicht, greift er auf körpereigene Proteine zurück, baut also Muskelmasse ab.

Herkömmliches Katzenfutter ist für nierenkranke Tiere ungeeignet, da es zwar ausreichend Protein, aber hohe Mengen Phosphor enthält. Eine angemessene Diät muss die Balance zwischen der erforderlichen Kalorienzufuhr und einer Verringerung des Phosphor-Anteils in der Nahrung schaffen. Erschwerend wirkt sich hierbei aus, dass die Patienten in der Regel kaum noch Appetit haben, ungewohntes Futter ablehnen und hartnäckig um Leckerlis betteln. Bleibt der Halter in dieser Situation nicht konsequent, sondern erlaubt seinem Tier Ausnahmen von der Diät, wird eine Behandlung scheitern.

Das Ziel einer Nierendiät ist die Verabreichung „hochwertigen” Proteins, also von Aminosäuren, die den besonderen Bedürfnissen des Patienten gerecht werden. Spezielle Futtersorten weisen einen –- im Vergleich zu herkömmlichem Futter – niedrigeren Proteingehalt auf, jedoch einen höheren Anteil an Aminosäuren mit geringem Gehalt an Phosphat, die die geschwächten Nieren besser verarbeiten können. Auch der Natriumgehalt ist niedrig, der Anteil an Kalium, Vitamin B und essentielle Fettsäuren dagegen erhöht. Tierhalter können Futter für Nieren-Patienten auf eigene Faust kaufen, sollten sich aber unbedingt mit dem behandelnden Tierarzt über die Wahl der Kost austauschen.

Wichtig ist es, mit einer Diät nicht auf eigene Faust zu beginnen, sondern zu warten, bis die erhöhten Harnstoffwerte im Blut (Urämie) unter Kontrolle sind. Sie führen in vielen Fällen unmittelbar zu Übelkeit und Verdauungsbeschwerden – die Katze ekelt sich geradezu vor dem Futter und bringt diesen Impuls im ungünstigsten Fall mit der Diät in Verbindung. Die Umstellung auf eine neue Ernährung sollte deswegen in Absprache mit dem Tierarzt erfolgen. Wir raten dazu, das neue Futter nach und nach unterzumischen, kleinen Portionen den Vorzug vor großen Mahlzeiten zu geben und die Nahrung leicht anzuwärmen, um die Akzeptanz zu erhöhen. Manche Katzen fressen ihr Futter lieber, wenn ihm etwas Thunfischwasser beigemengt wurde oder wenn es püriert ist. Verweigert der Patient die Nahrungsaufnahme ausdauernd, kann es sinnvoll sein, auf einen anderen Hersteller auszuweichen, keinesfalls aber auf herkömmliche Tiernahrung.

Prognose

Auch wenn eine Heilung nicht möglich ist, werden bei rechtzeitigem Therapiebeginn Überlebenszeiten bei guter Lebensqualität von mehreren Monaten und nicht selten gar Jahren erzielt.

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